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Pater Gebhard Graf von Stillfried (SJ)

P. Gebhard von Stillfried SJ
* 03.06.1909 † 30.08.1974
Ordenseintritt 1930 - Priesterweihe 1939 - Letzte Gelübde 1948

Gründer der "offenen Tür" in Berlin (OTB)

 

stillfried

 

 

Im Rückblick auf das Leben von P. Gebhard von Stillfried, das ich als 'Spittelist' in Breslau, als Mitnovize in Mittelsteine, als 'Philosoph' in Valkenburg und einige Jahre in Berlin teilen durfte, fällt mir der Satz von Thomas von Aquin ein: Die Demut ist nur echt, die mit der Hochgemutheit gepaart ist.

Den 'kleinen Weg' hat er vom Noviziat an als seinen Weg erkannt und ist ihm bis zum Ende treu geblieben. Also Demut, aber in Hochgemutheit, und die 'schließt in sich eine unbeugsame Festigkeit des Hoffens, eine geradezu herausfordernde Zuversichtlichkeit und gänzliche Ruhe eines furchtlosen Herzens'.

Diese ritterliche Hochgemutheit war sicher schon ein Erbe seiner adligen Abkunft. Vom Vater wurde er wie seine Brüder Wolfgang, Nikolaus (mit ihm am 30.4.1930 in das Noviziat eingetreten und am 20.7.1935 in St. Blasien verstorben) zum Mut erzogen. Von seiner Mutter, die er sehr verehrte, hatte er das 'Blücherblut'.

Im Breslauer Kurfürst-Franz-Ludwig-Konvikt ('Spittel') war Gebhard von Anfang an in der sogenannten Ober-Abteilung, weil er zwei Jahre älter war als der Durchschnitt seiner Klassenkameraden. Unter P. Hubert Kraus, P. Pies und P. Stromberg gehörte er immer zu den Egagierten.

P. Pies hatte innerhalb der Abteilung ein Kernteam gebildet, mit dem er die jeweiligen Gruppensituationen besprach, von dem er seine Arbeit kritisch durchleuchten ließ und das ihm bei der Verwirklichung aller Unternehmungen half. Gebhard gehörte als einer der Eifrigsten dazu.

Sein Beichtvater und Seelenführer war in den letzten Jahren des Gymnasiums P. Stanislaus von Dunin-Borkowski, bei dem er mich eines Tages einführte. Das wurde entscheidend für mein Leben.

In Breslau besuchte er das vorwiegend evangelische Magdalenen-Gymnasium. Aus dieser Zeit stammt seine Freundschaft mit dem späteren Chirurgen Prof. Linder. In Berlin hat dieser vor schweren Herzoperationen meist Gebhard angerufen und gebeten, ihm mit seinem Gebet zu helfen. Einmal setzte dabei das Herz einer Patientin aus. 15 bis 20 Minuten führte der Professor die Herzmassage durch. Endlich meinten die Schwestern, es sei jetzt zwecklos, dies fortzusetzen. Dazu der Professor: 'Nein, P. Gebhard betet doch.' Tatsächlich begann das Herz wieder zu schlagen.

Aus der Noviziatszeit ist unvergessen seine Kandidatur-Predigt. Ein von ihm oft gebrauchtes Prädikat war: 'Das ist ja rührend.' Seine liebenswürdige Umständlichkeit brachte es mit sich, daß er oft zu spät zu den einzelnen Übungen kam. Das Thema seiner Predigt hieß: 'Die Heilige Familie'. Gleich sein erster Satz hatte einen durchschlagenden Erfolg: 'Es ist doch rührend, daß die armen Leute immer zu spät kommen müssen.' Tosender Beifall. Die Predigtfähigkeit war mit diesem einzigen so überzeugenden Satz erwiesen. 'Satis est, Carissime', sagte der Novizenmeister P. Kempf.

Aber dieser rührende 'Geppel' hatte am Ende des Noviziates den Mut, an P. General Ledòchowski zu schreiben und mit Anführung von Fakten eine Ablösung des verdienstvollen aber zu alten P. Kempf zu erbitten.

Seine Philosophie machte er in Valkenburg, die Theologie studierte er in Innsbruck. Dort wurde er am 25.7.1939 von Bischof Paul Rusch zum Priester geweiht. Am 30.7.1939 feierte er unter Assistenz von P. Georg von Sachsen seine Primiz in seinem Heimatort Silbitz (Kr. Strehlen, Schlesien).

Die Theologie beendete er 1940 in Wien. Hier begann sein eigentliches, priesterliches Apostolat. Mit einem Kreis von Künstlern kam er in engen Kontakt, der bis in seine Berliner Zeit durchhielt. Manche Nacht hat er da geopfert, manche Grenzsituation mußte da bestanden werden.

Von seinem Militärdienst 1940 bis 1941 hat er wenig erzählt. Dann sorgte Hitlers Geheimbefehl dafür, daß er 'nicht zu verwenden war' und in die Ersatz-Reserve II abgeschoben wurde bis zu dem Zeitpunkt, wo er dann - wie alle entlassenen Jesuiten - in einer Organisation-Todt-Kompanie zum Minensuchen eingesetzt werden sollte. Dazu kam es nicht mehr.

Vom 27.5.1942 bis September 1946 war er Kuratus in Berlin-Biesdorf (im Osten der Stadt). Bald wurden die Wohnungen seiner Gemeindemitglieder durch die Bombenabwürfe zerstört. Er war meist in der Luftschutzuniform zu sehen, weil er seinen Gläubigen bei der Wiederherstellung ihrer Häuser unermüdlich half. In den Tagen des Kampfes um Berlin hat er durch seinen persönlichen Einsatz die Schwestern schützen können. Das Exerzitienhaus Berlin-Biesdorf konnte er dadurch retten, daß er dort nach Kriegsende und Abzug der Russen ein Altersheim einrichtete, und für die Pfarrei erbaute er das 'Haus Winfried'. Wie unvergessen er noch heute in dieser Pfarrei ist, konnte man an der starken Beteiligung von Biesdorfern im Rentenalter bei seiner Beerdigung am 9. September 1974 auf dem Sankt Hedwigs-Friedhof (Berlin-Reinickendorf) sehen. Einer von ihnen war es, der seinen Bruder Franz Graf Stillfried erschrocken ansprach: 'Ich bin doch zu Ihrer Beerdigung gekommen und jetzt stehen Sie vor mir.'

In den Jahren 1946 - 1947 war P. von Stillfried in Pullach Sozius des Novizenmeisters. 'Er hat die Novizen zum Hl. Geist geführt und ihnen das Vorbild einer strahlenden Menschenfreundlichkeit gegeben. Es war eine schöne Zusammenarbeit mit ihm.' So hat P. Deichstetter, der damalige Novizenmeister, am Telefon bekannt.

Am 15.8.1948 legte er seine Letzten Gelübde in Wessobrunn (Obb.) ab, wo er über ein Jahr als Seelsorger wirkte. 1949 bis 1951 arbeitete er in Karlsruhe in der Einzelseelsorge an den Armen und Notleidenden.

1951 - 1957 war er Studentenpfarrer für die Diplomaten- und Dolmetscherschule des Auswärtigen Amtes in Speyer und Germersheim. Einmal haben wir uns dort getroffen. Von seiner Arbeit war er wie immer hell begeistert. Unvergessen ist mir seine Führung in und um den Dom. Er konnte Otto von Bamberg als großen Bauherrn lebendig machen. Unter seinen Studenten lebt noch die Erinnerung an seine engagierten Gottesdienste weiter.

Schon in Speyer hatte er unter schweren Bandscheibenschmerzen zu leiden. Am 26.12.1956 wurde er in Rom operiert. Es stand damals schon um ihn auf des Messers Schneide.

1957 kam er nach Berlin. 1958, kurz vor dem 78. Deutschen Katholikentag (dem 2. in Berlin), eröffnete er die 'Offene Tür Berlin' (OTB). Sein Werk, in das er alle seine Talente einbringen konnte: seine künstlerischen Gaben bei der Einrichtung der Aufenthaltsräume, der Bibliothek und der Krypta, bei der Gestaltung des großen Schaufensters zu thematischen Blickfängen mehrmals im Jahr, bei Veranstaltungen von Ausstellungen bekannter Künstler, seine Leidenschaft für die Verkündigung während der Meditation der täglichen Gottesdienste in der Krypta. Und hier endlich konnte er sein brennendes Herz für die Menschen und ihre Nöte verschenken. Die seelsorgliche Wirkung der Offenen Tür kann allein der Herrgott ermessen.

Die Finanzierung dieses Werkes gelang nur, weil er große und kleine Spender so dafür begeistern konnte, daß sie niemals davon ließen. Über diese Zeit, die die meisten von uns ja miterlebt haben, müßten aber die Mitbrüder, die mit ihm zusammengearbeitet haben, einmal eine ausführliche Würdigung schreiben. Dabei müßten gerade auch seine Laienmitarbeiter, besonders Frau Erdmann, ihre Anerkennung finden.

Das geistliche Erbe oder das Zeugnis seines Lebens an uns hat P. Provinzial Brenninkmeyer im Abschiedsgottesdienst am 9. September 1974 in der St. Rita-Kirche in Berlin-Reinickendorf gezeichnet. Er ging vom 1. Korintherbrief (2, 1-5) aus:

'Auch ich bin, als ich zu euch kam, Brüder, nicht gekommen, um euch mit überwältigender Beredsamkeit oder Weisheit das Zeugnis Gottes zu verkünden. Ich hatte mir nämlich vorgenommen, unter euch nichts anderes zu kennen, als Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten. Zudem bin ich in Schwachheit und Furcht und Zittern unter euch aufgetreten. Mein Wort und meine Verkündigung geschah nicht in gewinnenden Weisheitsworten, sondern im Erweis von Geist und Kraft, damit euer Glaube nicht auf Menschenweisheit beruhe, sondern auf Gottes Kraft.

'P. von Stillfried war erfüllt von einer großen Leidenschaft der Verkündigung, getragen von einem tiefen Wissen um Jesus Christus den Gekreuzigten und getrieben von dem Willen, den Menschen zu helfen (Ignatius) in allen Nöten, von leiblichen angefangen bis zu den tiefgeistlichen. Und das tat er in der Weise der Schlichtheit, in der Weise des aufmerksamen und geduldigen Gespräches, im Mittragen des Kreuzes der anderen. Seine besondere Sorge bis in die letzten Stunden vor dem Tod galt den Priestern, nicht zuletzt denen, die in schwierigen Situationen mitbrüderlichen Rat und Ermutigung brauchten.'

R.I.P.

P. Alfons Matzker SJ

Aus Rundbrief Ostdeutsche Provinz SJ, 5/1974 - September, S. 30-33

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